Samstag, 18. Januar 2020

11. Was kommt nach dem Tod?



 


Was kommt nach dem Tod? Das hängt davon ab, wen wir fragen. Vertreter der verschiedenen Religionen werden uns ihre eigenen Versionen erzählen, ebenso Philosophen, Wissenschaftler, Darwinisten, Esoteriker usw., abhängig von der jeweiligen Weltanschauung. Wir können es bestenfalls glauben, aber wissen können wir es nicht. Doch, ich bin mir sicher, dass wir das können. Wir müssen nur den Richtigen fragen. Es gibt nur einen einzigen, der uns das erzählen kann. Kein Mensch sonst kann das tun. Diesen einen müssen wir aufsuchen. Wo finden wir diesen einen? Nun, dieser eine ist unser Selbst.

Unser Selbst kann es uns aber nicht mit Worten sagen, es kann es uns nur zeigen. Um das Wissen zu erlangen, müssen wir es erfahren. Dazu müssen wir nicht erst sterben. Einfach, so auf Knopfdruck, geht es jedoch auch nicht. Bis dahin haben wir einen weiten, einen sehr weiten Weg vor uns. Der Weg zum Selbst führt uns weit nach innen, tief in uns hinein, in unser Zentrum, an die Quelle des Lebens, in die Stille. Dort wirkt das, was nicht entsteht und nicht vergeht, was nicht geboren wurde und niemals sterben wird.

Die Frage ist also nicht, ob wir es wissen können, sondern ob wir es wissen wollen. Geben wir uns mit unserem oberflächlichen Dasein zufrieden, finden wir uns mit unserem Leid ab, leben wir mit bequemen Illusionen oder gehen wir den beschwerlichen Weg zur Quelle und finden die Antworten, von denen wir meinen, sie nicht wissen zu können.

Der Zustand des Todes liegt außerhalb der Dimensionen unserer Raumzeit, außerhalb von Raum und Zeit. Um diesen Zustand zu erreichen, müssen wir unsere Bewusstseinseben verlassen und auf eine höhere Bewusstseinsebene kommen. Diese Ebene liegt höher als unser Geist, unser Mental. Ich nenne sie deshalb die übermentale Ebene). Es ist der Zustand des Einssein mit allem, der Zustand reinen Bewusstseins, des bewussten Todes. Seit Jahrtausenden haben Mystiker aus allen Kulturen und Religionen diesen Zustand erfahren. Sie haben versucht ihn zu beschreiben und nannten ihn Erleuchtung, Erlösung, Erwachen, Befreiung oder wie auch immer. Es sind nur unterschiedliche Namen und Begriffe, um etwas zu beschreiben, was man nicht beschreiben kann. Wir können diese Beschreibungen als Gleichnisse, als Visionen und Metaphern in alten Schriften lesen. Wir können uns aber auch auf den Weg machen und diesen Bewusstseinszustand selbst erfahren.

Wie kann man den Zustand des Todes im Leben erfahren? Für meinen Versuch, dies zu erklären, muss ich wieder einmal auf die Quantenphysik zurückgreifen. Unser Universum, unsere Welt, ist ein Quantensystem, d.h. sie ist nicht analog, sondern aus winzigen Quanten (winzig kleinen Energiepäckchen) zusammengesetzt.  Auch unser Leben ist quantisiert, zusammengesetzt aus lauter winzigen Augenblicken. Zwischen diesen Augenblicken sind Raum, Zeit, Materie und Energie verschwunden und in einer Wolke aus Wahrscheinlichkeiten, der Potenzialität, aufgelöst. Wie ein Film nur die Abfolge von vielen Einzelbildern ist, ist unser Leben nur eine Abfolge von vielen diskontinuierlichen Augenblicken. Es ist unser EVA-Prozess, der aus der Potenzialität diese Augenblicke und aus der Abfolge der Augenblicke unser Leben erzeugt. Die Lücken zwischen unseren Lebensaugenblicken sind zeitlos, sodass wir sie mit unserer, auf die Raumzeit ausgerichtete, Bewusstseinsstufe, nicht wahrnehmen können und in denen unser Bewusstsein den Zustand Tod durchläuft. Durch die Erzeugung eines Faktes wird dieser zeitlose Zustand beendet und wir befinden uns im nächsten Augenblick. Unser Leben ist ein ständiger Wechsel von Wach-, Schlaf- und Tod-Zuständen, von denen unser Bewusstsein aber nur die beiden ersten Zustände wahrnehmen kann. Wenn wir einen Film sehr langsam ablaufen lassen, können wir die Übergänge zwischen den einzelnen Bildern erkennen. Genauso können wir in tiefer Meditation, wenn wir in unserem Zentrum, an der Quelle unseres Lebens sind, unseren EVA-Prozess soweit verlangsamen, dass wir einen Blick in die Lücken zwischen unseren Lebensaugenblicken werfen können. Diese Lücken befinden sich nicht in der Raumzeit. Wenn wir sie erfahren, erfahren wir die Potenzialität, das Einssein mit allem, das reine Bewusstsein.

Meditation ist wie sterben. Während der Meditation lassen wir alles los, lassen alles zurück. Unsere Gefühle, unsere Gedanken und vor allem unsere Erinnerungen. Unsere Erinnerung an unser Leben, unsere Erfolge, unsere Vergnügen, unsere Ängste. Unsere Erinnerung an unsere Familien, unsere Freunde, unseren Beruf. Unsere gesamte Vergangenheit entschwindet, bis nichts mehr bleibt. Es ist das, was Jesus meint, wenn er sagt, dass wir wie neugeborene Kinder werden sollen, um ins Himmelreich zu gelangen. Denn diese haben (noch) keine Vergangenheit und damit auch noch keine Erinnerungen daran. Wir werden mit einem leeren Geist geboren und im Laufe unseres Lebens füllen wir ihn - mit Vergangenheit. Unser Gehirn, unser Geist, ist nur eine riesige Antiquitätensammlung. Wenn wir unseren Geist wieder leeren, wenn wir unsere Erinnerungen an unsere Vergangenheit zurückgelassen haben, können wir uns an die Zukunft erinnern. Es ist die Potenzialität, das Himmelreich. Dieser Wechsel von der Vergangenheit in die Zukunft, von der Realität in die Potenzialität, von dem In-Form-Gebrachten zum Formlosen, vom Irdischen in das Himmelreich, ist sterben. Sterben ist Auferstehung. In der Meditation können wir diesen Zustand erfahren.

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