Wenn man mit dem anfänglichen Joggen schon etwas
weitergekommen ist, wird man vielleicht sogar beginnen für einen Marathon zu
trainieren. Während des Marathontrainings, während langer Läufe, frühestens
nach ein bis zwei Stunden, kommt man des Öfteren an einen Punkt, ab dem auf
einmal alles leicht geht. Man schwebt mühelos über den Boden. Kein Zwicken,
kein Schmerzen, nur entspannte Leichtigkeit. Ursache dieses Glücksgefühls sind
die Endorphine. Sie sind so etwas wie körpereigene Drogen, dem Opium nicht
unähnlich. Endorphine werden vom Körper nach einem gewissen Erschöpfungszustand
ausgeschüttet, um diesen zu überwinden. Das was schwer wurde, ist auf einmal
ganz leicht und man möchte einfach nur noch laufen. Weiter, immer weiter.
Dieses Glücksgefühl nennen Läufer das Läuferhoch oder Runner’s High.
Auch mit unseren Übungen der Konzentration, Achtsamkeit und
Meditation wird es etwas dauern, bis man hineingefunden, bis man seinen Lauf
gefunden hat. Auch
bei der Meditation kommt es nach längerem Training zu ähnlichen Erlebnissen wie
beim Lauf, an denen eine Grenze überwunden und alles ganz leicht und einfach scheint.
Auch hier werden diese Gefühle durch körpereigene Stoffe, wie die
Neurotransmitter Anandamid und Oxytocin hervorgerufen. Dieses High-Gefühl
dauert, wie jedes Drogen-High, leider nicht all zu lange. Einige halten dieses
High-Gefühl für das Ziel. Doch der beschwerlichste Teil kommt erst noch.
Langläufer
kennen nicht nur das Runner’s High, sondern auch den „Mann mit dem Hammer“. Die
Leistung fällt rapide ab, man kann nicht mehr, möchte sofort stehen bleiben. Die
Ursache dafür ist, dass unser wichtigster Treibstoff, die Kohlenhydrate,
restlos verbraucht ist. Unser Körper muss jetzt wie ein Hybridmotor zur
Energieversorgung auf eine andere Energiequelle, die Fettverbrennung umschalten.
Auch während einer längeren Meditation erleben wir immer wieder Momente, in
denen unser Körper oder unser Geist rebellieren. Sie wollen aufhören, etwas
anderes tun. Wie beim Laufen, muss man auch hier den „inneren Schweinehund“
überwinden. Dies wird uns mit der Zeit immer besser gelingen, allerdings nur
solange, bis wir auch hier auf den Hammermann treffen. Diesmal sind unsere
geistigen Energien erschöpft. Hier helfen uns jedoch keine speziellen Getränke
oder Gels, die jeder Langläufer auf langen oder entscheidenden Läufen bei sich
hat. Die zusätzlichen Energien, die wir bei der Meditation benötigen, um diese
Grenze zu überwinden, können wir nicht von außen aufnehmen. Sie kommen aus unserem
Innerem, aus unserem Zentrum, aus der Stille. Um diese Grenze zu überwinden,
müssen wir lernen, die Energie der Stille zu nutzen.
Um
zur Stille zu gelangen, müssen wir selbst still werden. Wir müssen das
Schweigen lernen, das innere Schweigen. Je lauter wir sind, desto mehr Energie
verbrauchen wir. Werden wir ruhiger, ebbt unser Gedankenstrom ab, steigt unser Energieniveau. Lange vor
der Entdeckung der Gehirnwellen und des EEG schrieb Patanjali in seiner
Yogasutra: „Der höchste Bewusstseinszustand, der Zustand des Yoga, ist das
Zur-Ruhe-Kommen der sich dauernd verändernden mentalen Muster.“ Patanjali beschrieb auch wie man diese mentalen Muster, die
Gehirnwellen, steuern und den Geist zur Ruhe bringen kann. Diese Praxis heißt
in seinen Schriften Abhyasa und bedeutet ständiges Üben, anhaltende
Beschäftigung mit etwas, Training und Gewöhnung. Alle Übungen, die Gedanken zu beherrschen und den
Geist zu beruhigen, sind Abhyasa. Wir
können also selbst etwas tun, um auf unserem Weg zur Stille voran zu kommen. Lassen
wir uns nicht aufhalten. Machen wir mit unseren Übungen weiter. Bleiben wir auf
dem Weg.
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