Mittwoch, 29. Januar 2020

2. Die Umkehr


Platon ist einer der bekanntesten der vielen bekannten antiken griechischen Philosophen. Er lebte ca. 427 bis 347 v. Chr., war ein Schüler von Sokrates und einer seiner Schüler war Aristoteles. Platons Lehren haben den Glauben und die Weltanschauung von Millionen Menschen zu allen Zeiten und überall auf der Welt beeinflusst und geprägt. Eine seiner Lehren besagt, das der Mensch eine unsterbliche Seele hat, die nach seinem Tod getrennt vom Körper weiterlebt. Sein Höhlengleichnis ist wohl das bekannteste Gleichnis der antiken Philosophie. Worum geht es da?

In diesem Gleichnis leben die Menschen als Gefangene in einer Höhle. Sie sind so festgebunden, dass sie nur die, von einem Licht auf die Wand geworfenen Schatten sehen können, nicht aber die Quelle des Lichts. Die Menschen halten die schemenhaften Schatten an der Wand für die Wirklichkeit. Auch ihre eigenen Schatten. Wenn sie aufstehen, ihre Fesseln abstreifen, sich umdrehen, erkennen sie das Licht, den wahren Ursprung ihrer Bilder und können sich auf den Weg zum Ausgang, auf den Weg in die Freiheit begeben.

Auf dem langen Weg der Evolution ist der Mensch der Übergang von einer unbewussten zu einer bewussten Evolution. Der Mensch ist als einziges Wesen auf der Welt in der Lage, seine Fesseln abzustreifen, sich vom Schattenspiel an der Wand abzuwenden, umzukehren und den Weg zur wahren Quelle des Lichts, zum Ausgang, in die Freiheit zu gehen. Einige sind umgekehrt und einige haben den Weg dorthin beschrieben. Doch nur wenige sind ihnen gefolgt. Auch heute noch sitzt die Masse in dieser Höhle und verfolgt fasziniert das Schattenspiel an der Wand. Warum nutzen wir nicht unser Potenzial? Was hält uns von einer Umkehr ab?

Zugegeben, das Schattenspiel wurde immer umfangreicher, immer faszinierender. Die Möglichkeiten in diesem Spiel scheinen grenzenlos. Wir hängen an dieser Illusion, können uns nicht von ihr lösen. Im Buddhismus nennt man dies Anhaftung. Diese Schattenwelt ist unsere Außenwelt und wir hängen an ihr, an ihren Annehmlichkeiten, unseren Erfolgen, unserem Besitz. Wir haben gelernt, all das Unangenehme dieser Welt, ihre Unwirklichkeit, ihr Leid, ihre Vergänglichkeit auszublenden. Wir sehen ständig, wie andere Schatten davon betroffen sind, glauben und hoffen jedoch, dass unsere Schatten verschont bleiben. Wir genießen das Schattenspiel und blenden völlig aus, dass schon bald der Vorhang fällt.

Wenn wir uns umdrehen, wenn wir umkehren, erblicken wir die Quelle des Lichts. Wir erkennen die Dinge, wie sie wirklich sind. Es gibt keine Illusionen mehr. Wir können uns nichts mehr vormachen. In dem Licht erstrahlt der Tod und wir erkennen die Vergänglichkeit der Schatten, auch unseres eigenen Schattens. Da wir uns immer noch mit unserem Schatten identifizieren, fürchten wir uns vor dem Tod. Wir fürchten uns vor dem Tod, weil er etwas ist, das wir nicht kennen, zumindest nicht aus eigener Erfahrung. Wir kennen ihn nicht, weil wir ihn verdrängt haben und wenn er dann unvermittelt vor uns steht, geraten wir in Panik. Doch der Tod ist genauso wenig das Ende, wie die Geburt der Anfang ist. Niemand kann uns mehr über das Leben lehren als der Tod und wenn wir den Tod nicht verstehen, werden wir auch unser Leben nicht verstehen. Doch nur wenn wir unser Leben verstehen, können wir es auch selbstbestimmt leben.

Wenn wir unsere Außenwelt loslassen und den Weg nach innen gehen, können wir den Tod nicht ausblenden. Doch wir können erkennen, was er wirklich ist. Der Tod ist kein Entschlafen, er ist ein Erwachen. Mit diesem Erwachen durchschreiten wir das Tor zu einer höheren Bewusstseinsstufe - dem bewussten Tod. Seit Jahrtausenden haben Mystiker aus allen Kulturen und Religionen diesen Zustand erfahren und einige haben versucht ihn zu beschreiben. Wir können ihnen einfach nur glauben, wir können diesen Zustand aber auch selbst erfahren und das Tor zu einer höheren Bewusstseinsstufe durchschreiten.

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